Die „Unabhängigen Kalletaler Bürger“ (UKB) feiern ihr 30-jähriges Bestehen. Im Interview blicken drei wichtige Mitglieder auf die Niederlagen und Erfolge zurück und erklären ihre aktuellen politischen Positionen.
Kleinerer Rat, mehr Einsparungen
Kalletal. Seit 1994 sind die „Unabhängigen Kalletaler Bürger“ (UKB) ein politischer Faktor in der nordlippischen Gemeinde. Jetzt haben sie ihr 30-jähriges Bestehen gefeiert. Grund genug, mit den UKB zurück- und in die Zukunft zu blicken. Im Interview sprechen Ingo Mühlenmeier als UKB-Fraktionsvorsitzender, Brigitte Lähnemann als Vorsitzende des Vereins UKB und Frank Puls als ihr Stellvertreter über die Geschichte der Wählergemeinschaft und über Konzepte und Konflikte.
Warum mussten sich 1994 „unabhängige Bürger“ zusammentun?
Brigitte Lähnemann: Die Unzufriedenheit in Kalletal mit damaligem „Klüngel“ war groß. Ich wurde 1994 angesprochen, ob ich bei den UKB mitmachen wollte, und stellte fest: Da waren tollen Leute, es machte Spaß. Bei den UKB wurde mir nach und nach die Politik nähergebracht.
Ingo Mühlenmeier: Der Gründung vorausgegangen war ein Streit innerhalb der CDU. Hans Rothen war ausgetreten, er gehörte zu den Gründern der UKB.
Es gibt genug Fälle, dass Wählergemeinschaften nicht lange überlebt haben. Wieso ist das bei Ihnen anders?
Lähnemann: Vielleicht, weil wir darauf achten, dass es bei uns auch jungen Kalletalern Spaß macht, Politik zu machen. Wir müssen und wollen sie mitnehmen, indem wir sie schnell als sachkundige Bürger in die Ausschüsse entsenden. Jeder bekommt ein bestimmtes Thema, und das macht Spaß, das motiviert. Wir haben da Ingo viel zu verdanken. Er ist der Macher und mit viel Herzblut dabei. Es ist ein gutes Miteinander bei uns, und ich bin froh, dass wir das Buch damals nicht zugeschlagen haben.
Das Buch zugeschlagen?
Mühlenmeier: Wir standen im Jahr 2009 kurz vor der Auflösung. Wir hatten eine Delle. Es gab Fraktionssitzungen, da saßen wir drei allein am Tisch und wussten nicht, ob wir es noch mal hinkriegen. Aber dann haben wir neue Leute angesprochen und hatten letztendlich einen guten Zulauf.
Frank Puls: Der Zulauf zeigt sich insbesondere seit der Wahl 2020.
Was waren Meilensteine in der UKB-Geschichte?
Lähnemann: Als die UKB 1994 das erste Mal antraten und auf Anhieb in den Rat gewählt wurden, haben wir geholfen, dass Werner Dalpke ehrenamtlicher Bürgermeister wurde. Darüber hinaus ist mir ein Thema ganz wichtig: Es gibt bei uns keinen Fraktionszwang.
Mühlenmeier: Ich war in der CDU, als sich die UKB gründeten. 1999 trat Hans Rothen in Lüdenhausen für die UKB an und ich für die CDU. Ich habe gewonnen, was Hans Rothen ganz schön ärgerte. Ich habe mein Mandat dann 2004 aus persönlichen Gründen niedergelegt und wurde fünf Jahre später von Kasper Priem aus Lüdenhausen angesprochen: Du musst in die UKB eintreten, sagte er. Und ich sagte Ja, weil ich in Lüdenhausen Defizite sah. Ich fand es spannend, Einfluss zu haben. In der Folge war ich 2009 und 2020 Bürgermeisterkandidat.
Wollen Sie weiter Einfluss haben? Sie hatten mal den Plan, den Fraktionsvorsitz in dieser Wahlperiode abzugeben.
Mühlenmeier: Ich habe den Plan ad acta gelegt. Möglich wird das, weil ich beruflich kürzertrete.
Welche Themen wollen die UKB in Zukunft angehen?
Mühlenmeier: Einer unserer nächsten Anträge hat das Ziel, den Rat zu verkleinern. In unseren Augen ist es machbar, die Zahl der Ratsmitglieder von 32 auf 28 zu reduzieren. Auch der Rat muss anfangen, bei sich zu sparen. Das wollen wir, auch wenn wir uns als UKB beim Neuzuschnitt der Wahlbezirke womöglich keinen Gefallen tun werden. Aber wir sind in Kalletal nicht mehr weit von der Haushaltssicherung entfernt, und wir werden den Bürgern sagen: Wenn ihr das schönste Feuerwehr-Auto haben wollt, rechnen wir euch aus, was das für eure Grundsteuern bedeutet. Wir leben in Kalletal auf großem Fuß. Besser wäre, sich wieder an altem Kaufmannsdenken zu orientieren.
Puls: Früher haben Firmengründer in der eigenen Garage angefangen und nicht
Lähnemann: In der Tat: Was man ausgibt, muss man sich auch leisten können, etwa ein Feuerwehr-Neufahrzeug.
Mühlenmeier: Man traut sich in Kalletal nicht, auch mal Nein zu sagen, weil die nächste Wahl kommt. Wir kritisieren außerdem, dass Kalletal für das nicht verwirklichte Wald- und Forstmuseum Heidelbeck viel Geld in den Sand gesetzt hat. Und wenn man sagt, das waren ja Fördermittel, dann sage ich: Auch das sind Steuergelder. Das Geld hätte man dafür ausgeben können, den Kindern in der Schule zum Beispiel guten Kochunterricht zu geben.
Blicken Sie mal zurück: Was lief nicht gut?
Mühlenmeier: Wir haben erlebt, dass wir instrumentalisiert wurden, um manche Themen intensiv zu behandeln und auf den Putz zu hauen. Das sehe ich heute teils kritisch. Viel Prügel habe ich auch für die Aussage bezogen, dass Kalletal nur noch eine einzige Grundschule braucht und nicht mehr drei. Dabei war unsere Position richtig. Eine große Grundschule würde viel mehr pädagogische Möglichkeiten bieten.
Wenn ein Dorf eine Grundschule hat, ist das für junge Familien allerdings ein wichtiges Argument, herzuziehen oder im Dorf zu bleiben.
Lähnemann: Man muss sich Schulen aber auch leisten können. Und jetzt wird deutlich, wie viel die Sanierung kostet.
Mühlenmeier: Weil Kalletal da schon viel Geld reingesteckt hat, ist das Thema für uns jetzt auch erledigt.
Mit Blick auf das Parteienspektrum: Warum braucht man die UKB? Was vertreten Sie, was die anderen Parteien nicht haben?
Mühlenmeier: Ihre Frage zielt darauf ab, dass wir dem bürgerlichen Lager zuzuordnen sind und es dort ja schon die CDU gibt. Ich kann die Frage ganz einfach beantworten: Wir haben nicht den Rattenschwanz in Berlin, den die großen Parteien haben. Wir kommen nicht weiter als bis Huxol oder Lüdenhausen und können damit leichter unabhängige Entscheidungen für die Bürger in Kalletal treffen. Wir sind ja noch nicht mal Mitglied im Dachverband der Freien Wähler.